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Swift 6.2 und Xcode 26.1

27. November 2025 um 09:39

Endlich bin ich dazugekommen, einen Blick auf die aktuelle Xcode-Version 26.1.1 zu werfen:

  • Die KI-Integration in Xcode wurde stark verbessert; grandios ist sie noch immer nicht.
  • Der Attribute Inspector wurde ersatzlos gestrichen. Keiner weiß, warum.
  • Neue Projekte verwenden immer noch Swift 5 per Default. (?!)
  • Das primäre neue Feature von 6.2 ist der vereinfachte Umgang mit Multi-Threading (Approachable Concurrency, Default Actor Isolation = MainActor).

KI-Funktionen

Apple bewegt sich in der schnell-lebigen KI-Landschaft wie ein überladener Supertanker bei der Hafeneinfahrt: behäbig und vorsichtig. Die 2024 versprochene KI-Integration Swift Code wurde im Herbst 2025 endlich ausgeliefert und nennt sich jetzt Coding Intelligence. Das bedeutet, dass es neben der schon länger verfügbaren Code Completion auf Basis eines lokalen Modells nun auch einen Chat-Bereich in Xcode gibt. Dort können Sie den Code eines Projekts analysieren, neue Funktionen entwickeln, Fehler beheben usw. Wie in anderen KI-Editoren verweisen Sie mit @ auf Dateien, Klassen, Funktionen und helfen so dem Sprachmodell bei der Zusammenstellung des richtigen Kontexts.

Analyse eines Projekts durch Claude

Die KI-Chat-Funktionen werden normalerweise nicht lokal ausgeführt, sondern von externen KI-Dienstleistern ausgeführt. Die Xcode-Einstellungen stehen aktuell ChatGPT und Claude direkt zur Auswahl, wobei ChatGPT in beschränkten Ausmaß ohne Login genutzt werden kann. Eine intensivere Nutzung erfordert bei beiden Varianten einen Login.

KI-Backend konfigurieren

Ich habe die KI-Funktionen mit meinem Claude-Konto ausprobiert. Es reicht ein »gewöhnlicher« Account, es muss kein Account speziell zur API-Nutzung sein. Die Xcode-Integration mit Claude ist leider weniger gut als die mit ChatGPT. Insbesondere kann Xcode nicht anzeigen, welche Code-Dateien als Kontext an Claude weitergegeben wurden. (‚Project Context: Viewed Files‘ kann nicht angeklickt werden.)

Andere AI-Dienste können mit Add Model Provider hinzugefügt werden. Erfreulicherweise gibt dieser Dialog auch die Möglichkeit, lokale Modelle (z.B. via Ollama) zu nutzen (siehe z.B. diese Anleitung).

Leider ist die Implementierung der Chat-Funktion noch recht instabil. Bereits in den ersten 15 Minuten meiner Tests ist Xcode zweimal komplett abgestürzt (spinning wheel of death). Xcode musste »sofort beendet« werden. Der Versuch, eine von den KI-Funktionen vorgeschlagene Änderung wieder rückgängig zu machen, scheiterte. Sie sind gut beraten, vor jedem Arbeitsschritt einen Commit Ihres Projekts zu machen.

Funktionen zum Agentic Coding, das in modernen Editoren wie VSCode, Cursor, Windsurf oder AntiGravity im letzten halben Jahr zur Selbstverständlichkeit geworden ist, suchen Sie in Xcode sowieso vergeblich. Immerhin sind die vorhandenen Features gut zugänglich dokumentiert, siehe z.B. das Xcode-Handbuch und dieses WWDC-Video. Das ändert aber nichts daran, dass Xcode noch einen weiten Weg vor sich hat, wenn es in der ersten KI-Liga mitspielen will.

Wo ist der Attribute Inspector?

In meinem Swift-Buch weise ich mehrfach auf den Attribute Inspector hin, der gerade für SwiftUI-Einsteiger eine große Hilfe war, um die wichtigsten Modifier einer View einzustellen. Natürlich lässt sich das alles auch per Code erledigen. Aber gerade bei den ersten Experimenten mit SwiftUI kennen Sie die ganzen Modifier-Namen ja noch nicht auswendig. Insofern empfand ich den Attribute Inspector als eine wichtige Hilfe.

Apple hat das anders gesehen und hat dieses UI-Element von Xcode in Version 26 einfach eliminiert. Apple empfand den Attribute Inspector offenbar als so unwichtig, dass seine Entfernung nicht einmal in den Release Notes erwähnt wurde. Und so haben sich nicht wenige Entwickler gefragt: Gibt es das Teil wirklich nicht mehr? Ist es woanders in Xcode versteckt? Ist das ein Bug?

Swift 5 forever …

Zusammen mit Xcode wird Swift 6.2 ausgeliefert:

swift --version

  swift-driver version: 1.127.14.1 Apple Swift version 6.2.1 (swiftlang-6.2.1.4.8 clang-1700.4.4.1)
  Target: arm64-apple-macosx26.0

Da würde man annehmen, dass diese Version bei neuen Xcode-Projekten auch zum Einsatz kommt. Weit gefehlt! Per Default verwenden neue Projekte weiterhin Swift 5 (siehe den folgenden Screenshot). Wenn Sie Swift 6 wünschen, müssen Sie diese Version explizit in den Build Settings einstellen. Setzt Apple selbst so wenig Vertrauen in Version 6?

Unverständlicherweise verwenden neue Projekte per Default noch immer Swift 5

Swift 6.2: »Approachable Concurrency«

Apple hat nicht nur bei seinen Produkten einen perfektionistischen Ansatz — dieser gilt auch für die Programmiersprache Swift. Dieser Perfektionismus hat der Sprache in den letzten Jahren eine Flut von Features beschert, aber auch eine immer schwerer zugängliche, abstrakte Syntax.

Offensichtlich über das Ziel hinausgeschossen sind die Entwickler bei den asynchronen Funktionen (Nebenläufigkeit, Concurrency): Seit Version 6 überschüttet Sie der Swift-Compiler mit Warnungen und Fehlermeldungen (Race Conditions, Isolation-Konflikte etc.). Der Compiler ist so pingelig, dass die Entwicklung asynchronen Codes sowie die Umstellung von Swift-5-Projekten auf Swift 6 zum Albtraum geworden sind. Swift hat es nicht bei Task, async und await belassen, sondern eine Menge weiterer Sprachmerkmale, Schlüsselwörter und Zusatz-Features geschaffen hat: Task-Gruppen, Aktoren, verteilte Aktoren, das Sendable-Protokoll, isolated und nonisolated Methoden usw.

Zum Glück hat auch Apple erkannt, dass es praktisch niemanden mehr gibt, der die vielen Features versteht und richtig anwenden kann (siehe auch Concurrency Migration / Common Problems). Daher hat Apple Anfang 2025 neue Zielvorgaben formuliert, wie die asynchrone Swift-Programmierung vereinfacht werden soll. Den ersten großen Schritt zurück zu mehr Einfachheit macht nun Swift 6.2.

In neuen Projekte gilt die Option »Approachable Concurrency«, der gesamte Code ist dem MainActor zugeordnet.

Es gibt zwei neue Einstellungen:

  • Approachable Concurrency = Yes soll in Zukunft diverse Features zur Vereinfachung der asynchronen Programmierung aktivieren. Was die Einstellung aktuell (also in Swift 6.2) bewirkt, ist nur dürftig dokumentiert. Höchstwahrscheinlich wird damit nur SE-470 aktiviert. SE-470 (SE steht für Swift-Evolution) bewirkt, dass bei einem Typ, der einem Aktor (meist @MainActor) zugeordnet ist, die dort implementierten Protokolle automatisch ebenfalls diesem Aktor zugeordnet werden. Das war bisher nicht der Fall. In Zukunft (Swift 6.3?) wird wohl auch SE-461 aktiviert (siehe unten).
  • Default Actor Isolation = MainActor aktiviert ein Compiler-Feature, das alle asynchronen Typen/Funktionen innerhalb des Moduls automatisch dem Main Actor zuordnet. Kurz gesagt erspart Ihnen diese Einstellung, dass Sie alle selbst definierten Klassen sowie oft auch deren Methoden mit dem Attribut @MainActor kennzeichnen müssen. Dieses Attribut gilt nun per Default. Und das ist in den meisten Fällen gut so! Downloads, Netzwerk-Aktionen usw. blockieren die Oberfläche dennoch nicht, weil sie bei Wartezeiten suspend nutzen. Probleme schaffen nur lang andauernde, CPU-intensive Vorgänge. Diese dürfen nicht mit dem MainActor verbunden werden, sonst »hängt« die Oberfläche Ihrer App. Derartige Vorgänge sind in typischen Apps aber die Ausnahme. Insofern ist die neue Einstellung Default Actor Isolation = MainActor für den Großteil aller Apps die richtige Wahl und geht ganz vielen Concurrency-Problemen und -Konflikten von vorne herein aus dem Weg.

In zukünftigen Swift-Versionen sollen laut SE-461 asynchrone Funktionen/Methoden automatisch im Kontext des gerade aktuellen Aktors laufen (siehe auch Upcoming Language Features. In welchem sonst, werden Sie vielleicht fragen? Aktuell werden non-isolated Funktionen automatisch dem global generic executor zugeordnet. Aus Effizienzgründen mag das vorteilhaft sein, allerdings muss das asynchron ermittelte Ergebnis später mit der Benutzeroberfläche synchronisiert werden. Und das ist schwierig. Wenn ich es richtig verstanden habe, wird dieses Feature in Swift 6.2 trotz Approachable Concurrency = Yes noch NICHT aktiviert. Es kann aber mit -enable-upcoming-feature NonisolatedNonsendingByDefault:migrate schon jetzt ausprobiert werden.

Die Zielsetzung all dieser Neuerungen ist es, dass das Concurrency-Verhalten von Swift per Default ein einfacher zu beherrschen ist. Für die meisten iOS- und macOS-Apps sollte das Default-Verhalten ausreichend sein. Nur wenn Ihr Code ganz spezielle Wünsche erfüllen muss (z.B. für Server-Anwendungen oder im Gaming-Bereich), können/müssen Sie die Fülle der sonstigen asynchronen Features von Swift explizit aktivieren und nutzen.

Tipp Wenn Sie ein vorhandenes Projekt umstellen, werden die neuen Optionen Approachable Concurrency und Default Actor Isolation in den normalen Build Settings nicht angezeigt und können daher auch nicht aktiviert werden. Wechseln Sie die Ansicht von Basic auf All und suchen Sie nach Default Actor bzw. Approachable!

Bei vorhandenen Projekten werden die neuen Features werden in den ‚Basic Build Settings‘ nicht angezeigt. Aktivieren Sie ‚All Build Settings‘ und verwenden Sie die Such-Funktion!

Sonstige Neuerungen in Swift 6.2 können Sie im Swift-Blog sowie auf den wie immer großartigen Seiten von Hacking with Swift nachlesen.

Quellen/Links

Swift 6.2 / Multi-threading / Concurrency

Coding mit KI in der Praxis: Der Fragebogen

10. April 2025 um 08:16

Vor einem dreiviertel Jahr haben Bernd Öggl, Sebastian Springer und ich das Buch Coding mit KI geschrieben und uns während dieser Zeit intensiv mit diversen KI-Tools und Ihrer Anwendung beschäftigt.

Was hat sich seither geändert? Wie sieht die berufliche Praxis mit KI-Tools heute aus? Im folgenden Fragebogen teilen wir drei unsere Erfahrungen, Wünsche und Ärgernisse. Sie sind herzlich eingeladen, in den Kommentaren eigene Anmerkungen hinzuzufügen.

Bei welchen Projekten hast du KI-Tools im letzten Monat eingesetzt? Mit welchem Erfolg?

Bernd: KI-Tools haben in meine tägliche Programmierung Einzug gehalten und sparen mir Zeit. Oft traue ich der Ki zu wenig zu und stelle Fragen, die nicht weit genug gehen. Zum „vibe-coding“ bin ich noch nicht gekommen :-) Ich verwende KI-Tools in diesen Projekten:

  1. ein großes Code Repo mit Angular und C#: Einsatz sowohl in VSCode (Angular) und Visual Studio (C#, die Unterstützung ist überraschend gut).
  2. ein kleines Projekt (HTML, JS, MongoDB (ca. 20.000 MongoDocs)).
  3. zwei verschiedene Flutter Apps für Android
  4. für eine größere PHP/MariaDB Codebase

Sebastian: Ich setze mittlerweile verschiedene KI-Tools flächendeckend in den Projekten ein. Wir haben das mittlerweile auch in unsere Verträge mit aufgenommen, dass das explizit erlaubt ist.

Die letzten Projekte waren in JavaScript/TypeScript im Frontend React, im Backend Node.js, und es waren immer mittelgroße Projekte mit 2 – 4 Personen über mehrere Monate.

Die verschiedenen Tools sind mittlerweile zum Standard geworden und ich möchte nicht mehr darauf verzichten müssen, gerade bei den langweiligen Routineaufgaben helfen sie enorm.

Michael: Ich habe zuletzt einige Swift/SwiftUI-Beispielprogramme entwickelt. Weil Swift und insbesondere SwiftUI ja noch sehr dynamisch in der Weiterentwicklung ist, hatten die KI-Tools die Tendenz, veraltete Programmiertechniken vorzuschlagen. Aber mit entsprechenden Prompts (use modern features, use async/await etc.) waren die Ergebnisse überwiegend gut (wenn auch nicht sehr gut).

Ansonsten habe ich in den letzten Monaten immer wieder kleinere Mengen Code in PHP/MySQL, Python und der bash geschrieben bzw. erweitert. Mein Problem ist zunehmend, dass ich beim ständigen Wechsel die Syntaxeigenheiten der diversen Sprachen durcheinanderbringe. KI-Tools sind da meine Rettung! Der Code ist in der Regel trivial. Mit einem sorgfältig formulierten Prompt funktioniert KI-generierter Code oft im ersten oder zweiten Versuch. Ich kann derartige Routine-Aufgaben mit KI-Unterstützung viel schneller erledigen als früher, und die KI-Leistungen sind diesbezüglich ausgezeichnet (besser als bei Swift).

Welches KI-Tool verwendest du bevorzugt? In welchem Setup?

Michael: Ich habe in den vergangenen Monaten fast ausschließlich Claude Pro verwendet (über die Weboberfläche). Was die Code-Qualität betrifft, bin ich damit sehr zufrieden und empfand diese oft besser als bei ChatGPT.

In VSCode läuft bei mir Cody (Free Tier). Ich verwende es nur für Vervollständigungen. Es ist OK.

Ansonsten habe ich zuletzt den Großteil meiner Arbeitszeit in Xcode verbracht. Xcode ist im Vergleich zu anderen IDEs noch in der KI-Steinzeit, die aktuell ausgelieferten KI-Werkzeuge in Xcode sind unbrauchbar. Eine Integration von Claude in Xcode hätte mir viel Hin und Her zwischen Xcode und dem Webbrowser erspart. (Es gibt ein Github-Copilot-Plugin für Xcode, das ich aber noch nicht getestet habe. Apple hat außerdem vor fast einem Jahr Swift Code angekündigt, das bessere KI-Funktionen verspricht. Leider ist davon nichts zu sehen. Apple = Gute Hardware, schlechte Software, zumindest aus Entwicklerperspektive.)

Für lokale Modelle habe ich aktuell leider keine geeignete Hardware.

Sebastian: Ich habe über längere Zeit verschiedene IDE-Plugins mit lokalen Modellen ausprobiert, nutze aber seit einigen Monaten nur noch GitHub Copilot. Die Qualität und Performance ist deutlich besser als die von lokalen Modellen.

Für Konzeption und Ideenfindung nutze ich ebenfalls größere kommerzielle Werkzeuge. Aktuell stehen die Gemini-Modelle bei mir ganz hoch im Kurs. Die haben mit Abstand den größten Kontext (1 – 2 Millionen Tokens) und die Ergebnisse sind mindestens genauso gut wie bei ChatGPT, Claude & Co.

Lokale Modelle nutze ich eher punktuell oder für die Integration in Applikationen. Gerade wenn es um Übersetzung, RAG und ähnliches geht, wo es entweder um Standardaufgaben oder um Teilaufgaben geht, wo man mit weiteren Tools wie Vektordatenbanken die Qualität steuern kann. Bei den lokalen Modellen hänge ich nach wie vor bei Llama3 wobei sich auch die Ergebnisse von DeepSeek sehen lassen können.

Für eine kleine Applikation habe ich auch europäische Modelle (eurollm und teuken) ausprobiert, wobei ich da nochmal deutlich mehr Zeit investieren muss.

Für die Ausführung lokaler Modelle habe ich auf die Verfügbarkeit der 50er-Serie von NVIDIA gewartet, wobei mir die RTX 5090 deutlich zu teuer ist. Ich habe seit Jahresbeginn ein neues MacBook Pro (M4 Max) das bei der Ausführung lokaler Modelle echt beeindruckend ist. Mittlerweile nutze ich das MacBook deutlich mehr als meinen Windows PC mit der alten 3070er.

Bernd: Ich verwende aus Interesse vor allem lokale Modelle, die auf meinem MacBook Pro (M2/64GB) wunderbar schnell performen (aktuell gemma3:27b und deepseek-r1:32b, aber das ändert sich schnell). Am MacBook laufen die über ollama. Ich muss aber beruflich auch unter Windows arbeiten und arbeite eigentlich (noch) am liebsten unter Linux mit neovim.

Dazu ist das Macbook jetzt immer online und im lokalen Netz erreichbar. Unter Windows verwenden ich in VSCode das Continue Plugin mit dem Zugriff auf die lokalen Modelle am MacBook. In Visual Studio läuft CoPilot (die „Gratis“-Version). Unter Linux verwende ich sehr oft neovim (mit lazyvim) mit dem avante-Plugin. Während ich früher AI nur für code-completion verwendet habe, ist es inzwischen oft so, dass ich Code-Blöcke markiere und der AI dazu Fragen stelle. Avante macht dann wunderbare Antworten mit Code-Blöcken, die ich wie einen git conflict einbauen kann. Sie sagen es ist so wie cursor.ai, aber das habe ich noch nicht verwendet.

Daneben habe ich unter Linux natürlich auch VSCode mit Continue. Und wenn ich gerade einmal nicht im Büro arbeite (also das Macbook nicht im aktuellen Netz erreichbar ist), so wie gerade eben, dann habe ich Credits für Anthropic und verwende Claude (3.5 Sonnet aktuell) für AI support.

Wo haben dich KI-Tools in letzter Zeit überrascht bzw. enttäuscht?

Sebastian: Ich bin nach wie vor enttäuscht wie viel Zeit es braucht, um den Kontext aufzubauen, damit dir ein LLM wirklich bei der Arbeit hilft. Gerade wenn es um neuere Themen wie aktuelle Frameworks geht. Allerdings lohnt es sich bei größeren Projekten, hier Zeit zu investieren. Ich habe in ein Test-Setup für eine Applikation gleich mehrere Tage investiert und konnte am Ende qualitativ gute Tests generieren, indem ich den Testcase mit einem Satz beschrieben habe und alles weitere aus Beispielen und Templates kam.

Ich bin sehr positiv überrascht vom Leistungssprung den Apple bei der Hardware hingelegt hat. Gerade das Ausführen mittelgroßer lokaler LLMs merkt man das extrem. Ein llama3.2-vision, qwq:32b oder teuken-7b funktionieren echt gut.

Bernd: Überrascht hat mich vor allem der Qualitäts-Gewinn bei lokalen Modellen. Im Vergleich zu vor einem Jahr sind da Welten dazwischen. Ich mache nicht ständig Vergleiche, aber was die aktuellen Kauf-Modelle liefern ist nicht mehr so ganz weit weg von gemma3 und vergleichbaren Modellen.

Michael: Ich musste vor ein paar Wochen eine kleine REST-API in Python realisieren. Datenbank und API-Design hab‘ ich selbst gemacht, aber das Coding hat nahezu zu 100 Prozent die KI erledigt (Claude). Ich habe mich nach KI-Beratung für das FastAPI-Framework entschieden, das ich vorher noch nie verwendet habe. Insgesamt ist die (einzige) Python-Datei knapp 400 Zeilen lang. Acht Requests mit den dazugehörigen Datenstrukturen, Absicherung durch ein Time-based-Token, komplette, automatisch generierte OpenAPI-Dokumentation, Wahnsinn! Und ich habe wirklich nur einzelne Zeilen geändert. (Andererseits: Ich wusste wirklich ganz exakt, was ich wollte, und ich habe viel Datenbank- und Python-Basiswissen. Das hilft natürlich schon.)

So richtig enttäuscht haben mich KI-Tools in letzter Zeit selten. In meinem beruflichen Kontext ergeben sich die größten Probleme bei ganz neuen Frameworks, zu denen die KI zu wenig Trainingsmaterial hat. Das ist aber erwartbar und insofern keine Überraschung. Es ist vielmehr eine Bestätigung, dass KI-Tools keineswegs von sich aus ‚intelligent‘ sind, sondern zuerst genug Trainingsmaterial zum Lernen brauchen.

Was wäre dein größter Wunsch an KI-Coding-Tools?

Bernd: Gute Frage. Aktuell nerven mich ein bisschen die verschiedenen Plugins und die Konfigurationen für unterschiedliche Editoren. Wie gesagt, neovim ist für mich wichtig, da hast du, wie in OpenSource üblich, 23 verschiedene Plugins zur Auswahl :-) Zum Glück gibt es ollama, weil da können alle anbinden. Ich glaub M$ versucht das eh mit CoPilot, eine Lösung, die überall funktioniert, nur ich will halt lokale Modelle und nicht Micro$oft….

Sebastian: Im Moment komme ich mit dem Wünschen ehrlich gesagt gar nicht hinterher, so rasant wie sich alles entwickelt. Microsoft hat GitHub Copilot den Agent Mode spendiert, TypeScript wird “mehr copiloty” und bekommt APIs die eine engere Einbindung von LLMs in den Codingprozess erlauben. Wenn das alles in einer ausreichenden Qualität kommt, hab ich erstmal keine weiteren Wünsche.

Michael: Ich bin wie gesagt ein starker Nutzer der webbasierten KI-Tools. Was ich dabei über alles schätze ist die Möglichkeit, mir die gesamte Konversation zu merken (als Bookmark oder indem ich den Link als Kommentar in den Code einbaue). Ich finde es enorm praktisch, wenn ich mir später noch einmal anschauen kann, was meine Prompts waren und welche Antworten das damalige KI-Modell geliefert hat.

Eine vergleichbare Funktion würde ich mir für IDE-integrierte KI-Tools wünschen. Eine KI-Konversation in VSCode mit GitHub Copilot oder einem anderen Tool sowie die nachfolgenden Code-Umbauten sind später nicht mehr reproduzierbar — aus meiner Sicht ein großer Nachteil.

Beeinflusst die lokale Ausführbarkeit von KI-Tools deinen geplanten bzw. zuletzt durchgeführten Hardware-Kauf?

Bernd: zu 100%! Mein MacBook Pro (gebraucht gekauft, M2 Max mit 64GB) wurde ausschließlch aus diesem Grund gekauft und es war ein großer Gewinn.

Ich habe jetzt ein 2.100 EUR Thinkpad und ein 2.200 EUR MacBook. Rate mal was ich öfter verwende :-) . Die Hardware beim Mac (besonders das Touchpad) ist besser und ich habe quasi alle Linux-Tools auch am Mac (fish-shell, neovim, git, Browser, alle anderen UI-Programme). Wenn ich unter Linux arbeite, denke ich mir oft: »Ah, das kann ich jetzt nicht ollama fragen, weil das nur am MacBook läuft«. Natürlich könnte ich Claude verwenden, aber irgend etwas im Kopf ist dann doch so: »Das muss man jetzt nicht über den großen Teich schicken.«

4000 EUR für die Nvidia-Maschine, die ich zusätzlich zum Laptop mitnehmen muss, ist kein Ding für mich. Ich möchte einen Linux Laptop, der die LLMs so schnell wie der Mac auswerten kann (und noch ein gutes Touchpad hat). Das ist der Wunsch ans Christkind …

Michael: Ein ärgerliches Thema! Ich bin bei Hardware eher sparsam. Vor einem Jahr habe ich mir ein Apple-Notebook (M3 Pro mit 36 GB RAM) gegönnt und damit gerade mein Swift-Buch aktualisiert. Leider waren mir zum Zeitpunkt des Kaufs die Hardware-Anforderungen für lokale LLMs zu wenig klar. Das Notebook ist großartig, aber es hat zu wenig RAM. Den Speicher brauche ich für Docker, virtuelle Maschinen, IDEs, Webbrowser etc. weitgehend selbst, da ist kein Platz mehr für große LLMs.

Aus meiner Sicht sind 64 GB RAM aktuell das Minimum für einen Entwickler-PC mit lokalen LLMs. Im Apple-Universum ist das sündhaft teuer. Im Intel/AMD-Lager gibt es wiederum kein einziges Notebook, das — was die Hardware betrifft — auch nur ansatzweise mit Apple mithalten kann. Meine Linux- und Windows-Rechner kann ich zwar billig mit mehr RAM ausstatten, aber die GPU-Leistung + Speicher-Bandbreite sind vollkommen unzureichend. Deprimierend.

Ein externer Nvidia-Mini-PC (kein Notebook, siehe z.B. die diversen Ankündigungen auf notebookcheck.com) mit 128 GB RAM als LLM-Server wäre eine Verlockung, aber ich bin nicht bereit, dafür plus/minus 4000 EUR auszugeben. Da zahle ich lieber ca. 20 EUR/Monat für ein externes kommerzielles Tool. Aber derartige Rechner, wenn sie denn irgendwann lieferbar sind, wären sicher ein spannendes Angebot für Firmen, die einen lokalen LLM-Server einrichten möchten.

Generell bin ich überrascht, dass die LLM-Tauglichkeit bis jetzt kein großes Thema für Firmen-Rechner und -Notebooks zu sein scheint. Dass gerade Apple hier so gut performt, war ja vermutlich auch nicht so geplant, sondern hat sich mit den selbst entwickelten CPUs als eher zufälliger Nebeneffekt ergeben.

Sebastian: Ursprünglich war mein Plan auf die neuen NVIDIA-Karten zu warten. Nachdem ich aber im Moment eher auf kommerzielle Tools setze und sich mein neues MacBook zufällig als richtige KI-Maschine entpuppt, werde ich erstmal warten, wie sich die Preise entwickeln. Ich bin auch enttäuscht, dass NVIDIA den kleineren karten so wenig Speicher spendiert hat. Meine Hoffnung ist, dass nächstes Jahr die 5080 mit 24GB rauskommt, das wär dann genau meins.

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